Predigt über Matthäus 3,7 - 4,1
vom 10. Januar 2010
Wasser tuts freilich nicht
Pastor Andreas Kern
Die Taufe Jesu
Zu der Zeit kam Jesus aus Galiläa an den Jordan zu Johannes, dass er sich von ihm taufen ließe. Aber Johannes wehrte ihm und sprach: Ich bedarf dessen, dass ich von dir getauft werde, und du kommst zu mir? Jesus aber antwortete und sprach zu ihm: Lass es jetzt geschehen! Denn so gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen. Da ließ er's geschehen. Und als Jesus getauft war, stieg er alsbald herauf aus dem Wasser. Und siehe, da tat sich ihm der Himmel auf, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube herabfahren und über sich kommen. Und siehe, eine Stimme vom Himmel herab sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.
Da wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, damit er von dem Teufel versucht würde... [Da verließ ihn der Teufel. Und siehe, da traten Engel zu ihm und dienten ihm.]
Predigt
Liebe Tauf-Familien, liebe Gemeinde,
Wir wollen zwei Kinder taufen, und wir tun das an dem Sonntag nach Epiphanias, an dem das Evangelium uns von der Taufe Jesu erzählt.
Und wenn wir die Geschichte hören, dann können wir etwas erkennen: Die Taufe und das Leben aus der Taufe - sie gehören zusammen.
Und noch etwas: auch für Jesus war die Taufe was ganz besonderes: Denn selbst bei ihm ist nach der Taufe alles anders: sein wahres Wesen erscheint.
Der Geist Gottes treibt ihn in die Wüste. Dort sucht er nach Antworten auf seine Lebens-Fragen. In der Wüste hat er Begegnungen, Konfrontationen, die ihn prägen. Dort findet er die Wahrheiten, die ihn tragen und bestimmen.
Es beginnt sein Weg zum Opfer am Kreuz, das die Welt erlöst. Es beginnt seine Hingabe an Gott.
Auf diesem Weg sind wir Menschen - auf unserem menschlichen Niveau - auch unterwegs: Wir folgen Christus nach. Unsere Taufe ist nur der Anfang. Sie muss sich im Alltag bewähren.
Wie bewährt sich unsere Taufe in der Wüste unseres Alltags? Spüren wir, wie wir getragen werden? Oder trudeln wir so dahin, lassen uns treiben?
Spüren wir, wie der Geist Gottes und antreibt und in Bewegung bringt? Oder treiben uns unsere eigenen Gedanken und Geschäfte, unsere Hoffnungen und Ängste an?
Nun ist das vielleicht gar nicht immer ein Gegensatz. Vielleicht ist es nur so, dass Gottes Geist nicht immer so sichtbar wie eine Taube ist und so hörbar wie eine Stimme vom Himmel herab.
Aber die Taufe - unsere eigene wie die unserer Kinder - sie bewegt uns doch auch: wenn wir über das Leben - unser eigenes oder das der Kinder - nachdenken, dann spüren wir, dass es um das Gelingen des Lebens geht, um Hoffnungen und Träume, um Erfüllung. Es geht um die Abwehr von Ängsten und Gefährdung, von Verführung und Unfall.
Und wenn wir ein wenig aufmerksam sind, dann hören wir doch auch unsere inneren Stimmen, die wir dem Geist Gottes und dem Versucher zuordnen können: Mach das! Trau dich! Geh! Komm!
Auf der sicheren Seite zu leben - das ist doch etwas, das wir uns auch von der Taufe erhoffen.
Die Taufe ist tatsächlich eine solche Sicherung - wenn wir das glauben können. Die Taufe zaubert nicht, das Wasser hat keine magische Kraft.
Es kommt auf unseren Glauben an. Und so klein oder groß er auch sein mag: Wenn wir der Taufe vertrauen, dann trägt sie uns - und unsere Kinder. Dann trauen wir dem Wort, das Gott zu uns spricht, auch durch Jesus Christus. Und dann trauen und vertrauen wir auch dem Geist Gottes: er wird uns leiten und führen.
Luther hat ja in seinem kleinen Katechismus über die Taufe ein paar sehr prägnante Frage- und Antwort-Sätze geschrieben. Dieses Quiz, mit dem jahrhundertelang die evangelischen Kinder und Erwachsenen die Basics des Glaubens gelernt haben - ich denke, es ist für Erwachsene gemacht, denn Kinder verstehen noch nicht, was sie da auswendig gelernt haben [EG 806.4]:
„1. Was ist die Taufe? Die Taufe ist nicht allein schlicht Wasser, sondern sie ist das Wasser in Gottes Gebot gefasst und mit Gottes Wort verbunden.
2. Was gibt oder nützt die Taufe? Sie wirkt Vergebung der Sünden, erlöst vom Tode und Teufel und gibt die ewige Seligkeit allen, die es glauben, wie die Worte der Verheißung Gottes lauten.
3. Wie kann Wasser solch große Dinge tun? Wasser tuts freilich nicht, sondern das Wort Gottes, das mit und bei dem Wasser ist, und der Glaube, der solchem Worte Gottes im Wasser traut. ...
4. Was bedeutet den solch Wassertaufen? Es bedeutet, dass der alte Adam in uns durch tägliche Reue und Buße soll ersäuft werden und sterben mit allen Sünden und bösen Lüsten; und wiederum täglich heruaskommen und auferstehen ein neuer Mensch, der in Gerechtigkeit und Reinheit vor Gott ewiglich lebe.“
Das Wort Gottes und der Glaube - sie sind es, die das Wasser zur Taufe machen. Das kann man an der Taufgeschichte von Johannes und Jesus auch schon erkennen: Gottes Wort ist zu hören: „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“ Und Jesus, der sich vom Geist in die Wüste führen lässt, der glaubt, der vertraut auf diesen Geist.
Das Wort Gottes und der Glaube - sie sind es, die das Wasser zur Taufe machen: wir sprechen jedem Täufling ein Wort Gottes aus der Bibel zu. Und wir lesen die Worte Gottes, die uns ermutigen, das Evangelium weiterzusagen und den Menschen die Liebe Gottes zu zeigen. Und dann vergewissern wir uns, wie wir das meinen mit der Taufe, wir denken darüber nach, was sie uns bedeutet, was für Hoffnungen und Ziele wir damit verbinden.
„Wasser tuts freilich nicht, sondern das Wort Gottes, das mit und bei dem Wasser ist, und der Glaube, der solchem Worte Gottes im Wasser (etwas Großartiges zu)traut.“
Denn auch die Taufe unserer Kinder macht ja was mit uns. Der kleine Satz, mit dem ich Sie am Anfang des Gottesdienstes begrüßt habe, der gibt der Tauf-Geschichte von Jesus noch einmal einen neuen Sinn:
Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder.
Wenn wir uns von der Taufe tragen und beGeistern lassen, dann sind wir Gottes Kinder. Dann stehen wir vor ihm voller Vertrauen, lehnen wir uns an, stellen uns vor, dass wir wie Kinder die Hände der Eltern festhalten: und vielleicht verspüren wir die Sicherheit und Geborgenheit, die wir als Kinder hoffentlich gekannt haben: „Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder.“
Und als Kinder sind wir auch seine Erben - Paulus hat das tatsächlich so beschrieben: wir bekommen das, was er hinterlässt! Und das ist nun nicht zu messen in unseren gewöhnlichen Kategorien, denn da geht es wieder um gelingendes Leben, erfülltes Leben, ewiges Leben. Das bekommen wir, das steht uns zu, wenn wir Gottes Kinder sind. Nicht wenig, würde ich sagen.
Dafür wird dann auch was von uns erwartet: „Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder.“ Durch die Taufe wirkt der Heilige Geist in uns, und der treibt uns dahin, wo Gott uns haben will - jedenfalls wenn wir ihn lassen. Der Geist macht uns zu Nachfolgern Christi. Er schenkt Kraft und Motivation, das neue Leben im Alltag der Welt umzusetzen. An seinem Wirken erkennen wir, dass wir fest zu Gott gehören.
Das äußert sich dann - ganz unscheinbar - vielleicht darin, dass wir mal helfen, statt zu schimpfen, dass wir mal Geduld haben, statt zu drängeln, dass wir mal auf etwas verzichten zugunsten eines anderen Menschen - die Bibel redet dann vom „Nächsten“. „Liebe Gott, deinen Herrn, und liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ - das, hat Jesus gesagt, sind die Erwartungen Gottes an uns - in Kurzform.
„Liebe Gott, deinen Herrn, und liebe deinen Nächsten wie dich selbst“: wenn wir die Taufe den Anfang davon sein lassen und uns darin gleichzeitig geborgen und angespornt fühlen, dann wird der Geist uns Antrieb verschaffen und uns zu Gottes Kindern machen - immer wieder. Amen.